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Space Mountain Report "Den Sternen So Nah" (RTL)

In 1995 there was a 45 minute TV report about Space Mountain titled "Den Sternen so nah" on German TV station RTL.

Here is a German transcript of this report:

Den Sternen so nah

[...] Das Manuskript war den Verlegern zu pessimistisch. 1889 wurde seine Fiktion von der Technologie eingeholt. Aber Jules Verne war dem schon wieder einen Schritt voraus. Sein nächstes Buch "Von der Erde zum Mond" feierte die Triumphe der Wissenschaft.

Jules Vernes Traum von der Reise in den Weltraum nimmt heute ca. 65 km außerhalb Paris allmählich Gestalt an. Dies ist eine Geschichte, in der Fakten und Fiktionen ihre Rollen tauschen. Eine Geschichte über die Zukunft und die, die dabei Pate stehen.

10 km nördlich von Los Angeles, nur wenige Minuten von der Interstate 5 entfernt, liegt der kleine Vorort Glendale. Inmitten der ruhigen Straßen liegt eine streng bewachte Anlage verborgen. Über 40 Jahre war es ein wohlbehütetes Geheimnis, was in dieser Anlage genau vor sich geht. Was hier abläuft, liegt jenseits alles Vorstellbaren. Dies ist der Ort, an dem die Walt Disney Corporation neue Formen der Unterhaltung herbeizaubert. Bei Disney Imagineering hält man sich die Wirklichkeit von Leib. Hier machen sich sogar die Trinkbrunnen selbständig.

EDDI SOTTO, Vice President, Concept Design:

Was Sie hier erleben, ist eine Kombination aus Phantasie und Technik. Diese Leute sind Ingenieure, Elektronikexperten, Wissenschaftler, Phantasten, Künstler und Bildhauer. Man könnte sich keine buntere Gemeinschaft vorstellen, Leute, die alle dasselbe Ziel verfolgen.

BRAN FERREN, Executive Vice President, Creative Technology:

Eigentlich sollte es als Vorbild für die Planung und Konstruktion der Themenparks dienen. Aber in Wirklichkeit handelt es sich um einen Haufen Besessener, die in einem großen Gebäudekomplex daran arbeiten, die Zukunft der Themenparks zu erfinden.

Und bei dieser Zukunft geht es um die weltweit wohl technisch aufwendigste Reise, den sogenannten "Space Mountain". Er wird in Los Angeles geplant und in Disneyland Paris gebaut werden. Für Teamleiter Tim Delaney ist dies ein entscheidendes Jahr. Eine von ihm 1988 angefertigte Skizze wird in 4 Monaten als 90 Millionen Dollar Attraktion eröffnet.

TIM DELANEY, Executive Designer, Space Mountain:

Wir haben diese Attraktion selbst entworfen. Etwas entworfen, was wirklich einmalig ist. Darum geht es bei Imagineering. Unsere Herausforderung lautet, das Neueste, Modernste und Anspruchsvollste überhaupt zu entwickeln.

Das ganze beginnt mit diesem modifizierten Flugsimulator. Denn damit setzt das Team von Bran Ferren Delaney's Träume in harte Fakten um

BRAN FERREN:

Auf diese Weise sind wir in der Lage, das spätere Erlebnis zu simulieren, noch bevor der erste Stahlträger geschweißt und das erste Fundament gegossen worden sind. Hiermit können wir einen Großteil der Reise simulieren und mit wenigen Tastengriffen solange Änderungen vornehmen, bis unsere Kreativen überzeugt sind, daß dies genau die Erfahrung ist, die wir useren Gästen vermitteln möchten.

Die Daten werden gesammelt und in ein rudimentäres dreidimensionales Modell umgesetzt. Die Reise im Space Mountain macht ihre erste vorsichtigen computergesteuerten Schritte. Die Passagiere besteigen einen von fünf Zügen und werden in die Abschußposition gebracht. Wie in der Geschichte von Jules Verne "Von der Erde zum Mond" werden sie wie Munition in die 5 m breite Kanone geladen. Mit einer gewaltigen Explosion wird die Kanone gezündet und der Zug tritt seine Reise in den dunklen Weltraum an. Die Passagiere können weder die Gleise noch die Umgebung erkennen, da sie kopfüber und in Höchstgeschwindigkeit durchs Dunkele rasen. Gegen Ende der Fahrt scheinen sie durch eine Asteroidenwolke zu fliegen und weiter durch ein wahres Funkengestöber.

WALT DISNEY:

Meine Absicht war es, etwas zu bauen, an dem sich Eltern und Kinder wirklich gemeinsam erfreuen können. Das war die Geburtsstunde von Disneyland.

Bei seinem Versuch, Sponsoren für Disneyland zu finden, engagierte sich Disney als einer der ersten Filmemacher, die sich mit dem Medium Fernsehen auseinandersetzten. Und sein Instinkt hat sich bezahlt gemacht. Unter den 30 Sekunden Spots für Erdnußbutter und gefrorene Hamburgers befand sich auch ein langer Werbestreifen für seinen Park.

WALT DISNEY:

Nahmen Sie sich etwas Zeit, um mit uns unseren jüngsten und phantastischten Traum zu träumen: Disneyland, hier betrachtet aus einem räumlichen Abstand von 500 Metern und einem zeitlichen Abstand von zehn Monaten. So ähnlich wie der Kompaß in vier Himmelsrichtungen weist, wird sich auch Disneyland in vier Bereiche gliedern: Das Adventureland, das Tomorrowland, das Fantasyland und das Frontierland. Auf der ganzen Welt wird es nicht vergleichbares geben. Ein Platz für Hoffnungen und Träume, Fakten und Phantasie, alles an einem Ort.

40 Jahre später werfen wir einen Blick auf eine Baustelle in einer Ecke von Disneyland Paris. In einer regnerischen Nacht nur drei Monate vor dem geplanten Eröffnungstermin von Space Mountain werden die Waggons für den Raketenzug aus den Niederlanden herbeigebracht. Die Ausrüstung für Space Mountain kommt aus Fertigungsstätten in ganz Europa. Das meiste paßt problemlos zusammen. Der eigentliche Berg, ein riesiger stählerner Vulkan, ist mittlerweile für die Besucher eine vertraute Silhouette geworden. Aber bis zur Fertigstellung ist es noch weit. Die Steuerungssoftware für die Reise des Zuges ist so komplex, daß man ein Spezialistenteam aus der Raumfahrt angeheuert hat.

DOUG LeBLANC, Project Manager, Space Mountain:

Es gibt einen regen Austausch zwischen Kreativen und Technikern. Ich selbst habe vorher für die NASA und das Jet Propulsion Laboratory gearbeitet. Die Zielsetzungen waren natürlich wissenschaftlicher Art, mit dem eigentlich Produkt waren wir emotionell kaum verbunden. Mit der Eröffnung einer dieser Attraktionen und mit dem, was man bei den ersten Publikumsreaktionen erlebt, ist das gar nicht zu vergleichen. Niemand wird an diese Leute Fragen richten, wie wir sie den Astronauten gestellt haben. Eher wollen wir den Menschen ein phantastisches Erlebnis vermitteln. Sie sollen lachen, schreien und jauchzen. Sie sollen einfach Spaß haben. Daran messen wir unseren Erfolg.

Vor 40 Jahren haben die Weltraumpioniere auf Disney zurückgegriffen, um ihre Vision vorzustellen.

WALT DISNEY:

In unserer modernen Welt spüren wir überall den Einfluß, den die Wissenschaft auf unser tägliches Leben nimmt. Was wir noch vor wenigen Jahren als Wunder erachtet haben, ist heute bereits selbstverständlich. Vieles, was uns heute unmöglich erscheint, wird morgen Wirklichkeit werden. Einer der ältesten Träume der Menschheit ist die Raumfahrt, die Reise von Stern zu Stern.

In vieler Hinsicht war das Team von "Man in Space" der Prototyp für die Imagineers. Um den Fernsehzuschauern einen Eindruck von der Raumfahrt zu geben, ging man über die bisher gewohnten Filmlängen hinaus. Die Filmreise von der Erde zum Mund sollte möglichst vollständig und mit akribischer Genauigkeit dargestellt werden.

???:

Regisseur Ward Kimball wird ihnen mehr davon erzählen. In der Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern haben wir erkannt, daß es verschiedenste Meinungen darüber gibt, wie wir die Grenzen zum Weltraum überschreiten werden.

Ward Kimball lebt heute in Los Angeles. Sein Zuhause ist ein surrealistisches Monument für ein Leben, das dem Filmgeschäft gewidmet ist. Walt Disney wußte, daß Ward Kimball von UFOs und dem Paranormalen fasziniert war und empfahl ihm daher, seine Erfinderinstinkte zu kontrollieren.

WARD KIMBALL, Director of Man in Space:

Wir müssen die Bilder in Fakten und nicht in Fiktionen verwandeln.

Um die wissenschaftliche Genauigkeit des Films zu gewährleisten suchte Kimball einen technischen Experten. Er fand ihn in dem deutschen Raketenfachmann Wernher von Braun. Von Braun war Konstrukteur der V2-Rakete. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er von der amerikanischen Regierung mit der Arbeit an dem Raketenprogramm beauftragt. Aber von Braun hatte eigene Pläne. Er war davon überzeugt, daß die Zukunft der Raketen im Weltraum liegt und nicht im militärischen Einsatz. Diese Sicht teilte das amerikanische Militär jedoch nicht. Dort hatte man kein Interesse an seinem Traum von der Fahrt zum Mond. Als Kimball ihn für den Film "Man in Space" als Berater gewinnen wollte, nahm er begeistert an.

WARD KIMBALL:

Er wußte, da war was Großes zwischen ihm und dem Fernsehen im Gange, aus dem Grunde hat er dann auch schließlich gemacht.

WERNHER VON BRAUN:

Dies ist ein Modell meiner Konstruktion für ein vierstufiges Raketenfahrzeug. Im Vergleich mit der unbemannten Instrumentenrakete ist dieses Raumfahrzeug relativ groß.

"Man in Space" war eine technische Tour de Force. Der Film besticht durch ungewöhnlich genaue wissenschaftliche Details. Wernher von Braun prognostizierte sogar, daß die Astronauten in einem Prototyp des heutigen Raumgleiters Challenger zurückkommen würden. Im Grunde war dieser Film eine Werbeveranstaltung für seine Vision von der bemannten Raumfahrt, die er der amerikanischen Öffentlichkeit darbot.

WERNHER VON BRAUN:

Wenn wir heute mit einem gutorganisierten und entsprechend ausgestatteten Raumfahrtprogramm starten würden, bin ich davon überzeugt, daß wir innerhalb von zehn Jahren die erste Rakete für die Personenbeförderung bauen könnten.

TIM DELANEY:

Ich war damals noch recht jung als ich die Show sag, und während eines Werbespots oder am Ende der Show fragte ich meine Eltern, ob denn das alles wahr wäre, und meine Eltern sagten mir, daß sich der Herr Disney das wohl nur ausgedacht hätte.

Nach der Einführung, die Wernher von Braun im Film "Man in Space" gab, wurden seine wissenschaftlichen Theorien in einer Raketenfluganimation wirklichkeitsnah umgesetzt.

TIM DELANEY:

Ich war davon tief beeindruckt, daß jemand seinen eigenen Traum so verblüffend realistisch umsetzen konnte.

Am 9. März 1955 schalteten der achtjährige Tim Delaney und 100 Mio. andere Zuschauer um 19 Uhr 30 ihre Geräte ein, um sich "Man in Space" anzuschauen. Ein 65jähriger Zuschauer aus dem Weißen Haus sah ebenfalls sehr interessiert zu.

WARD KIMBALL:

Ich weiß noch wie Präsident Eisenhower Feuer und Flamme war, am nächsten Tag telefonierte er mit Walt und bat um eine Kopie. Als Walt ihn dann nach dem Grund fragte, meinte er, daß er den Film seinen Stockfischen von Generälen zeigen wollte, die nicht an den Erfolg dieser Ideen glaubten.

"Man in Space" war eine Riesensensation, im Pentagon lief der Film vor ausgewähltem Publikum wieder und wieder. Am 15. Juni erfolgte aufgrund der großen Nachfrage eine erneute Fernsehübertragung. Nachdem feststand, daß sowohl das Militär wie auch die Öffentlichkeit für die enormen Ausgaben aufkommen würden, rief man am 29. Juli das amerikanische Raumfahrprogramm ins Leben.

Der Tatsachenfilm von Kimball erweckte das Interesse von Tim Delaney an der Science Fiction, die sich hinter Space Mountain verbirgt. Die Attraktion basiert auf dem im 19. Jahrhundert geschriebenen Roman von Jules Verne "Von der Erde zum Mond", in dem eine Gruppe französischer und amerikanischer Forscher gemeinsam eine Kanone entwickeln und sich damit in den Weltraum katapultieren.

Für den visuellen Stil von Space Mountain hat sich Delaney nicht einzig auf zeitgenössische Illustrationen gestützt. Filme wie "Excursion sur la Lune" von Segundo de ??? boten ihm ein reichhaltiges Repertoire früher wissenschaftlicher Visionen.

Von den vollen Kulissen der Disney-Verfilmung des klassischen Jules Vernes-Romans "20000 Meilen unter dem Meer" aus dem Jahre 1954 inspirierten zu dem ästhetischen Stahl- und Nietenkorpus des Space Mountain. Diese Inspirationen fließen zur damaligen Vision der Zukunftstechnologie zusammen.

Um im Zentrum des Berges stehen steht die Columbiad von Jules Verne wie eine riesige 15 Tonnen schwere Kanone.

TIM DELANEY:

Diese Kanone ist schon durch ihr Äußeres ein Vorgeschmack auf die kommende Erfahrung. Eine riesige Kanone. Ein gewaltiger Knall. Eine atemberaubende Beschleunigung.

Unter dem kunstvoll gestalteten Äußeren des Space Mountain verbirgt sich im Inneren eine Welt aus Dampf, Getriebeöl und Elektronik. Ron Hemming gehört zu dem Technikerteam, das dafür Sorge trägt, daß die Kanone funktioniert. Uns bleiben noch sechs Wochen Zeit.

RON HAMMING, Ride Project Engineer, Space Mountain:

Der Zugwagen besteht aus einem Chassis, das unterhalb der Haupttransportschienen befestigt ist und in die Abschußdeichsel des Zuges eingreift. Von ihr wird der Zug zum obersten Teil des Katapults hochgezogen.

Als Ingenieur von Gerrit Air Research hat Ron Hamming ein Katapult-Abschuß-System entwickelt, das auf Flugzeugträger-Technologien basiert.

RON HAMMING:

Wir haben so eine Art Hochgeschwindigkeitswinde entwickelt. Sie wirkt quasi als Katapult, ist aber verläßlicher und sicherer als etwas, das das Militär für seine Piloten und Flugzeuge benutzen würde. Dies ist die Unterseite des Katapult. Der Zug kommt hier herauf, der Zugwagen klinkt sich in den Zug ein und katapultiert ihn in den Berg. Der gesamte Vorgang dauert etwa drei Sekunden. In diesen drei Sekunden legen die Passagiere 50 Meter zurück. Das ist so, als ob man in zwei Sekunden von null auf 80 Stundenkilometer beschleunigen würde.

Aber diese enorme Geschwindigkeit, der die Passagiere ausgesetzt sind, ist nur der Anfang. Hinzukommt die psychologische Wirkung der filmischen Spezialeffekte. Eine gewaltige Explosion, Rauch und Stereosound, alles dies wurde von einem Spezialisten für Spezialeffekte, Jack Gilette, installiert.

JACK GILLETT, Senior Special Effects Designer:

Diese Effekte sind nicht nur für die Passagiere des Zuges gedacht, sondern sorgen auch für die Menschen außerhalb des Berges für Aufmerksamkeit. Alles soll möglichst realistisch aussehen, muß aber möglichst sicher sein, niemand darf verletzt werden. Ein bißchen Bangemachen ist schon erlaubt.

Gillett arbeitete an dem Projekt "Captain EO" und dem Film "Tron", bevor er sich dem Imagineersteam anschloß.

JACK GILLETT:

Ich war fünf Jahre lang in den Studios tätig, bevor ich zu Walt Disney Imagineering kam. Da bringt man natürlich oft die gleichen Techniken von den einen zu den anderen rüber. Viele der Spezialeffekte in Filmen sind für eine einzige Szene gedacht. Aber unsere Effekte müssen rund um die Uhr funktionieren, 365 Tage im Jahr, ein Einmaleffekt genügt nicht. Die Herausforderung besteht darin, daß sich die Effekte beliebig oft wiederholen lassen müssen.

Die Verbindung mit dem Filmgeschäft ist kein Zufall. Von Anfang an war das Unternehmen darauf bedacht, seine Erfahrungen aus Film und Kino in die Themenparks einzubringen.

RON HAMMING:

Bei Walt Disney sollen sie förmlich in die Szene hineintreten können, ganz Disneyland ist praktisch wie ein großes Bühnenstück konzipiert. Unsere Mitarbeiter zählen ebenso wie die Gäste zu den Akteuren. Disneyland ist praktisch eine riesige Bühne, die sie als Besucher betreten können. Wir haben die Sitze einfach weggelassen.

Das sogenannte Storyboard wurde von Disney Anfang der 30er Jahre erfunden. Es wurde von den Imagineers übernommen und mit verblüffender Wirkung auf das Originalkonzept von Disneyland übertragen. Dieser private Film von 1958 macht deutlich, wie sich die Erfahrungen der Besucher im Park als Teile eines dreidimensionalen Kinos zusammensetzen. Die Besucher wurden förmlich in das Schloß von Dornröschen hineingezogen. In dem Burggraben sorgte ein echter Schwan für eine realistische Kulisse, ein klassisches Hilfsmittel in der wirklichkeitsnahen Bühnengestaltung. Wie bei der Eingangsszene eines Film bieten die Sicht auf Dampfer und Fluß den Auftakt für die "Djungle Cruise". Details wie die Tieranimationen in lebendiger Flora vertieften noch den Allgemeineindruck mit einer Reihe von Naheinstellungen. Diese Techniken habe auch heute noch Gültigkeit.

TIM DELANEY:

Alles, was wir sehen, betrachten wir praktisch durch einen Kamerasucher, und dies ist auch die Perspektive unserer Besucher. Wir sorgen dafür, daß sich die Einstellungen und Eindrücke mit jedem Schritt ändern, so daß sich die Besucher als Teil der gesamten Inszenierung fühlen, als Teil eines Film.

In Filmen kann die Musik einen sofortigen Stimmungsumschwung herbeiführen. Eine zeitgenaue Synchronisierung der Begleitmusik während Achterbahnfahrten oder ähnlichen Ereignissen ist bislang unmöglich gewesen. Delaney wollte aber nicht auf die Wirkung verzichten, die von solchen Filmen wie "20000 Meilen unter dem Meer" ausgeht, um die Gefühle der Passagiere im Space Mountain aufzuwirbeln.

Steve Bramson gewann schon für die Musik für Steven Spielberg einen Emmy, jetzt ist Space Mountain an der Reihe.

STEVE BRAMSON, Composer:

Ich wollte einen musikalischen Effekt, der die Leute durcheinanderwirbelt wie in einem Strudel und das war für mich auf dem Klavier sehr schwer zu realisieren, denn das gelingt nur mit heroischen Bläsersätzen. Wir können dabei auf unsere Erfahrungen im Filmgeschäft zurückgreifen, mit dem Unterschied, daß die Gäste hier Teil der Wirklichkeit sind.

Während Bramson an seiner Musik in Los Angeles arbeitet, läuft in Paris die erste Fahrt mit Sandsäcken statt Passagieren. Bisland hat noch nie jemand Synchronmusik für Achterbahnfahrten geschrieben, da dies technisch nahezu unmöglich ist. Die Geschwindigkeit der einzelnen Züge schwankt von Fahrt zu Fahrt so stark, daß eine musikalische Begleitung niemals so präzise sein könnte, wie es von dem Imagineersteam angestrebt wurde. Bran Ferren von der Forschungs- und Entwicklungsabteilung wurde mit der Lösung dieses Problems beauftragt.

BRAN FERREN:

Wie bei den meisten großen Projekten sollte die Initiative von kreativer und nicht von technologischer Seite kommen. Deshalb würde die Tatsache, daß etwas schwierig oder fast unmöglich ist, zweitrangig sein, solange es um eine wunderbare Erfahrung geht. Wir haben uns gefragt, wäre es nicht phantastisch, so etwas wie eine Achterbahnfahrt musikalisch zu begleiten, so etwas ist noch nie zuvor gemacht worden, aber die Idee ist einfach bestechend. Nach einigen haben wir uns dann konkret gefragt, wie man diese Idee realisieren kann. Wie stellen wir es an, daß Passagiere ein volles Klangbild genießen können, während ihnen gleichzeitig der Fahrtwind ins Gesicht bläst und andere Passagiere rings herum sich die Kehle aus dem Leib schreien.

Die Lösung der Imagineers heißt "Local Control Unit", dieses System wird in Paris von Audiospezialist John Groper installiert.

JOHN GROPER, Senior Audio & Video Engineer:

Das LCU kann man praktisch mit einem miniaturisierten Aufnahme- oder Playbackstudio vergleichen, wobei das gesamte Studio mit dem Zug mitfährt. Die Klangverabeitung findet während der Fahrt statt. Die Programme werden auf Flash-Memory-Karten abgespeichert. Jeder dieser kreditkartengroßen Speicher bietet eine Kapazität von 20 Megabyte, ohne irgendein bewegliches Teil aufzuweisen, was besonders für unseren Anwendungszweck wichtig ist. Denn eine Abspielmechanik würde durch die Schwingungen und die plötzlichen Bewegungen des Zuges sicherlich aus der Bahn geworfen werden.

Jeder Zug nimmt auf den Schienen eine genaue Position ein, die durch Infrarotsensoren überwacht wird. Nach der Aufzeichnung wird die Partitur von Steve Bramson in musikalische Einheiten unterteilt und digital abgespeichert. Während die Passagiere im Zug fahren, wird die Musik automatisch neu gemischt, um genau mit dem Fahrerlebnis synchron zu laufen.

In den frühen 60er Jahren rückte die Möglichkeit einer Mondlandung immer näher, und die Imagineers waren in der Lage, auf Entwicklungen für die Raumfahrt zurückzugreifen, um erste, sehr einfache Roboter zu konstruieren. Unter dem Namen Audio-Animatronic würde diese Technologie einmal eine wichtige Rolle in der Zukunft von Disney spielen.

WALT DISNEY:

Dieser Apparat sieht vielleicht wie ein fremdes Wesen aus dem Weltall aus, ist aber in Wirklichkeit die Steuerung zur Programmierung der Aktionen und Gesten unserer Audio-Animatronicfiguren. Schauen wir uns das einmal an: Alle Bewegungen, die dieser Mann hier in seinem Kabelgeschirr vollzieht, werden auch sofort von der Figur simultan ausgeführt.

Das sogenannte "Karussell des Fortschritts" wurde von einer Audio-Animatronic-Familie bevölkert. Das Lied spiegelt Disneys Glauben an die Zukunft wider. 40 Jahre lang verbreitete Disney seine ureigene Form von Optimismus. Doch drei Monate, nachdem dieser Filmclip fertiggestellt wurde, starb Disney, noch bevor er Zeuge der ersten Mondlandung werden konnte, der er drei Jahre lang entgegengefiebert hatte.

Die Astronauten wurden nach ihrer Rückkehr wie Medienstars gefeiert. Die von ihnen errungenen wissenschaftlichen Fortschritte traten hinter das Show-Business zurück. Und nachdem der erste Mensch den Mond betreten hat verblaßte der uralte Traum und mit ihm ein Stück des naiven Optimismus, dem Disney in seiner Vision nachging.

MICHAEL EISNER, Chairman & C.E.O. The Walt Disney Company:

Nach Walts Tod wurde es schwieriger. Ich gehörte damals dem Unternehmen nicht an. Aber ich glaube, daß die kreative Seite sich mehr daran orientierte, was Walt darüber gedacht hätte und was Walt getan hätte, während sich die geschäftliche Seite sich konservativer entwickelte und stärker wurde. Die Arbeit ging weiter, und sicherlich wurden auch großartige Leistungen erbracht. Das EPCOT-Center wurde gebaut, Tokyo-Disneyland wurde gebaut. Aber das Experimentieren, das risikofreudige Vorgehen, das fast schon neurotisch-kreative Verhalten, die alle mußten geschäftlichem Denken weichen.

Eines der ersten Opfer war der Song aus dem "Karussell des Fortschritts". Jetzt war nicht mehr der Traum von morgen gefragt, sondern das Genießen der Gegenwart. Und die Vision von der Raumfahrt wandelte sich von einem wisseschaftlichen Abenteuer zu einem Unterhaltungsthema.

Anfang der 80er Jahre war die Welt um Disney herum im Wandel. Die optimistische Einstellung aus den 50er Jahren wich einer gewissen Unsicherheit. Tron, Disneys erster Versuch, diesen Zeitgeist einzufangen, handelt von einem Computer, der sich verselbständigt.

MICHAEL EISNER:

Ich hatte mich mit den Imagineers unterhalten. Viele von ihnen waren mit einer Zukunftsvision a la George Orwell, a la "Raumschiff Enterprise" und "Krieg der Sterne" aufgewachsen. Plötzlich sahen unsere Zukunftsvorstellungen weniger High Tech und weniger künstlich aus.

BRAN FERREN:

Der Durchschnittsamerikaner sah die Zukunft als Science Fiction-Film, also raketenbetrieben Skateboards, Kunststoff erschien plötzlich viel wertvollen als Naturfaser. Wir stehen vor der Herausforderung, eine Attraktion in einem Themenpark zu schaffen, die ein bestimmtes Zukunftsgefühl vermittelt. Und dieses Zukunftsgefühl muß gar nichts mit chronologisches Zukunftsdaten zu tun haben. Hier geht es um innere Einstellung, um Gefühle, um das, was wir von der Zukunft zu erwarten haben.

Die Antwort lag in der Rückbesinnung auf die Einbildungskraft. Delaneys Begeisterung für die viktorianische Science Fiction von Jules Verne öffnete Disney eine neue Zukunft. Low Tech-Fantasy mit Happy End.

Aber hinter der Phantasie verbergen sich handfeste Realitäten. Im Space Mountain wird eine Evakuierung geprobt. 600 Freiwille füllen den Space Mountain, während Vertreter des Verkehrsministeriums den Vorgang interessiert beobachten.

Cast Member:

Meine Damen und Herren, wir bitten Sie, den Vorgang zu entschuldigen. Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung der Problems und werden Sie informieren, sobald die Züge wieder einsatzbereit sind.

Aber das Zugpersonal hat offenbar selbst den Überblick verloren und läßt sich auf Diskussionen mit den Passagieren ein, anstatt die Züge zu räumen. Dies ist ein klassisches Beispiel für eine Kommunikationspanne. Dies ist ein wichtiger Schritt in der stufenweisen Übergabe der Verantortung durch die Disney Imagineers an die lokale Disney Mannschaft. Denn sie wird für den reibungslosen technischen Ablauf im Space Mountain zuständig sein.

Doug LeBlanc, der die Leitung des Space Mountain in zwei Wochen offiziell übergeben wird, ist in diesem Test klargeworden, wieviel noch zu tun ist.

Dieser Vorgang muß so oft wiederholt werden, bis keine Zweifel mehr an der Sicherheit bestehen. Aber die Tests haben auch erneut die Behörden auf den Plan gerufen. In Los Angeles erhält Tim Delaney einen dringenden Anruf aus Paris.

Die Behörden beanstanden, daß der Zug schneller fährt, als die gesetzlich zulässig ist. Sie werden die Eröffnung der Attraktion nur genehmigen, wenn Delaney die Fahrt 15 Sekunden langsamer macht.

AARON RICHARDS:

Wenn wir größere Schwankungen als fünf oder sechs Sekunden in Kauf nehmen müssen, wird es noch viel schwieriger werden, die Musik mit der ganzen Programmsteuerung zu synchronisieren.

Für den Musikproduzenen Aaron Richards bedeutet dass eine komplexe Neusynchronisation des Soundtracks.

AARON RICHARDS:

Das wird offensichtlich von ganz entscheidender Bedeutung für das Fahrerlebnis sein. Jetzt haben wir ein echtes Problem. Jetzt heißt es für uns weiterkämpfen.

Der in Hollywood ursprünglich angesetzte Aufnahmetermin für das Orchester wird abgesagt. Die Zeit läuft davon. Wenn die Züge mit geringerer Geschwindigkeit fahren, könnte sich dies auch auf die gesamte Kapazität auswirken. Aber das größe Problem für Delaney ist kreativer Art: Eine langsamere Fahrt könnte für die Besucher erhebliche Erlebniseinbußen bedeuten. Vor seinem inneren Auge sieht er acht Jahre langer Arbeit in einer Wolke aus bürokratischem Dunst verschwinden. Es ist an der Zeit, sich an Marty Sklar zu wenden, den Präsidenten von Imagineering.

TIM DELANEY:

Also, die Züge im Space Mountain machen uns große Sorgen, sie laufen nach Ansicht der Behörden zu schnell. Wenn wir sie abbremsen, gerät unsere gesamte Musiksynchronisation durcheinander.

MARTY SKLAR:

Das alles kommt mir sehr bekannt vor. Immer spitzt es sich im letzten Moment auf ein Problem zu.

TIM DELANEY:

Wenn wir vier Züge laufen lassen, kommen wir mit der Kapazität nicht hin, wenn wir fünf Züge laufen lassen, riskieren wir am Berg einen Stau. Uns fehlen praktisch fünf Sekunden. Die Leute in Frankreich stehen uns auf den Füßen, aber ich weiß nicht, wo wir die fünf Sekunden hernehmen sollen.

MARTY SKLAR:

Die Sache ist wirklich problematisch. Kapazitätseinbußen werden wir uns nicht leisten können, schon gar nicht bei dem Andrang, den wir dort erwarten.

TIM DELANEY:

Die Kapazität wird darunter leiden. Das Fahrlebnis, die Show, die Musik, das alles ist aufeinander abgestimmt.

Delaney nimmt die nächste Maschine nach Paris. Jetzt sieht er erstmals den fertigen Space Mountain. Delaney ist ausgebildeter Graphiker und hat demnach ganz präzise visuelle Vorstellungen. Doch was er sieht, erfüllt seine Erwartungen nicht gerade. Die Kanone ist einfach zu clean. Der Mechanismus wirkt nicht echt. Für ihn stellt sich das richtige Fantasygefühl nur dann ein, wenn die Kanone das Gefühl einer echten Maschine vermitteln kann.

Für einen kurzen Augenblick sind die Probleme mit der Musik vergessen und Delaney macht sich mit den Bühnenbildnern an die Arbeit.

TIM DELANEY:

Hier muß das blanke Metall durchschimmern und dort in den Spalten muß sich Ruß absetzen, auch die Kanten müssen deutlicher heraustreten.

Der Blick vom Dach des Space Mountain stimmt Delaney zufriedener. Der Lichttechniker Joe Falzetta hat seine Arbeiten an einer außergewöhnlich futuristischen Ikone abgeschlossen. In der Nacht kann die volle Wirkung seines Design gewürdigt werden.

JOE FALZETTA, Principal Show Lightning Designer:

Der Versuch, dieses Monster zu beleuchten, war die größte Herausforderung. Es handelt sich um ein Riesenbauwerk, ganz ungewöhnlich in der Form und im Design, und die Beleuchtung durfte nicht plump erscheinen. Sie mußte zu einem lebendigen Teil des Bauwerks werden. Das war die große Herausforderung.

Wie erwartet läuft die Musik nicht synchron.

STEVE BRAMSON:

Der Anfang hat diesmal geklappt. Bis zum ersten Dip ging alles gut. Doch wir erreichten die erste Peilstelle, als die Musik noch lief. Bis zur Startposition dauerte es viel länger und dann ging's hoch.

TIM DELANEY:

Da müssen wir mit Greg drüber reden, da war wohl ursprünglich eine Verbindung, aber jetzt ist irgendwie eine Verzögerung eingetreten.

???:

Wir können zwei Sekunden Unterschied zwischen den Zügen haben. Das heißt 11 Meter pro Sekunde, und das macht 22 Meter, also eine ganze Zuglänge.

Die Dinge werden noch problematischer, als Delaney im Zuge der notwendigen Neukomposition einige neue Ideen einzubringen versucht. Bramson wird allmählich klar, daß er die Musik ganz neuschreiben muß. Delaney bricht nach Los Angeles auf und läßt einen Haufen Arbeit zurück.

Im Innern des Bergs verstärkt Jack Gillett die Effekte der Asteroid-Szene. Die Bühnenbildner überarbeiten die Kanone, so daß sie ölverschmiert und rußgeschwärzt aussieht. Nur noch zwei Wochen bis zur Eröffnung. Die Spannung steigt.

PHILIPPE BOURGUIGNON, Chairman & C.E.O. Disneyland Paris:

Ich bin ja kein Mann vom Film, aber wenn ich mit diesen Studio-Leuten rede, dann höre ich immer von ihnen, daß es da diesen Moment der Nervosität gibt, und zwar am ersten Wochenende, wenn der Film herausgebracht wird. Und wenn er einmal heraus ist und ein oder zwei oder drei Tage oder Wochenenden läuft, dann weiß man genau, was du tun mußt. Und aus welchem Grund auch immer, die Werbung spielt eine große Rolle. Doch dann gibt es immer noch ein großes Geheimnis, das entscheidet, ob die Leute reingehen oder nicht.

In Hollywood spielt Bramson zehn Tage vor Eröffnung die endgültige Version der Partitur ein.

STEVE BRAMSON:

Es geht einfach nichts über ein richtig großes Orchester. Die Klangfarben treten so viel klarer hervor. Wissen Sie, die Höhen der Flöten und die Kraft, die hinter den Blechinstrumenten liegt, das ist alles viel direkter wahrnehmbar als bei einem Synthesizer.

Die Zugfahrt läuft. Zuggeschwindigkeit und Musik sind jetzt synchron. Aber in Frankreich gibt es weitere Probleme. Die Kanone, wichtiger Bestandteil für den explosiven Start der Tour, fällt aus. Niemand weiß warum, und niemand weiß Rat.

Delaney hat die Columbiad-Kanone so konstruiert, daß sie beim Abfeuern einen Rückstoß erzeugt. Dieses Detail ist wichtiger Bestandteil jedes Abenteuerfilms. Ein technischer Spezialeffekt, der die Phantasie beflügelt und für die nötige Dramaturgie sorgt.

1955 muß sich Ward Kimbal bei der Realisierung von "Man in Space" ähnlich gefühlt haben.

WARD KIMBALL:

Wir hatten eine Auseinandersetzung mit von Braun. Als wir den Mond umkreisten, warfen wir einige Leuchtraketen vom Raumschiff ab. Ich schlug vor, irgendwie eine Burg oder die Fundamente einer alten Stadt an der Mondoberfläche anzudeuten. Er meinte aber, die andere Seite des Mondes sieht genauso wie die unsere aus. Wenn wir das also wollten, dann ohne seine offizielle Mithilfe. Also haben wir nur so etwas angedeutet, etwas fundamentähnliches, nur so ein Touch.

Ob die Kanone nun funktioniert oder nicht, hierauf hat Delaney keinen Einfluß mehr. Denn als die letzten Vorbereitungen für die Eröffnung des Space Mountain getroffen werden, befindet er sich bereits wieder in Los Angeles. Bis zur Eröffnung wird es noch 36 Stunden dauern, und die Techniker bekommen das Problem in den Griff.

Der Space Mountain wird pünktlich eröffnet und er funktioniert perfekt. Alle 36 Sekunden erleben 55 neue Passagiere jede Einzelheit des Traumes, den er seit acht Jahren geträumt hat. Doch als Delaney sein Büro räumt, ist er mit seinen Gedanken nicht in Paris oder im Space Mountain, sondern bastelt schon wieder an einer neuen, verrückten Idee ...

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